Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen

und Religionsunterricht


Buchhinweis


Stichworte: Flüchtlinge, Zeitgeschichte, Donauschwaben, Serbien,Batschka












Bibliographische Angaben:

Rosemarie Bovier

Geborgte Heimat. Das Schicksal einer donauschwäbischen Dorfgemeinschaft (1763–1989)

Böhlau Verlag. Wien Köln 2022.

ISBN Print: 9783205212720 — ISBN E-Book: 9783205215585

 




ZUM BUCH:

Ich bin keine Historikerin, kann und will kein Geschichtsbuch schreiben. Meine Quellen sind Berichte, Erzählungen und Geschichten von Menschen, die in Brestowatz lebten. Zur Beschäftigung und Auswertung von dokumentarischen Quellen treten alte Fotografien als Hilfsmittel hinzu, die Brücken in die Vergangenheit schlagen. Sprachlich Überliefertes wird anschaulich, aus der Gegenwart, die das Bild festgehalten hat, weisen Spuren zurück und nach vorn, ziehen Fäden, die sich wiederum mit anderen Fäden verknüpfen, so dass sich ein Netz entwickelt, das hilft, einen großen Zeitraum zu erfassen, und Einblicke ermöglicht, die in kein Geschichtsbuch eingeflossen sind, weil sie sich dem Historiker verschließen. Doch gerade dieses Wissen, das nicht von papierenen Dokumenten ausgeht, sondern von den lebenden Menschen, schafft eine wesentliche Grundlage für den Prozess des Verstehens sowohl der Vergangenheit als auch der heutigen Zeit. Es muss daher festgehalten und weitergegeben werden.“(S.10) So formuliert die Autorin zur Einordnung der Arbeitsergebnisse dieses Buches.

Die Autorin wuchs seit 1947 in der Barackensiedlung eines Flüchtlingslagers in Deutschland mitten unter zahlreichen Familien donauschwäbischer Kolonisten aus Brestowatz in der Batschka im heutigen Serbien auf.

Es geht ihr mit diesem Buch darum, auch als Augenzeugin das kollektives Gedächtnis, Sprache und Denkmuster der ehemaligen deutschstämmigen Minderheit, die von den Habsburgern im 18. Jahrhundert in Südosteuropa angesiedelt wurde () zu vermitteln. Sie thematisiert die wechselhafte Geschichte des Kolonistendorfes Brestowatz. Dabei verfolgt sie die Spuren ihrer Vorfahren von der Ansiedlung im 18. Jahrhundert bis zur unfreiwilligen Rückkehr in die einstige Heimat ihrer Ahnen im 20. Jahrhundert. Deutlich wird eine Spannung zwischen Migration und Integration, das Miteinander verschiedener ethnischer Gruppen und der Umgang mit Minderheiten und Diskriminierung mit Folgen wie Abschottung und Herausbildung von Parallelgesellschaften. Das Inhaltsverzeichnis vermittelt die Schwerpunkte.

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Fotografien als Zeitzeugen ............................ 9

 

Alte Fotografien ............................... 9

 

Das Bild vom Misthaufen ......................... 11

Die ausgewanderte Fotografie ....................... 13

Ein Bild unter vielen ............................ 16

Volltreffer .................................. 18

Alles nur Zufall ? .............................. 21

 

Die große Wende ................................ 25

 

Sonntag, 8. Oktober 1944 ......................... 25

Die Flucht .................................. 29

Erinnerungen an die Flucht ........................ 33

Erste Station : Österreich .......................... 35

 

Die Anfänge .................................... 41

 

Ödes Land ................................... 41

Die Ersten .................................. 42

Aufbruchstimmung ............................. 46

Der weite Weg über die Donau ...................... 48

Die Verteilung des Landes ......................... 49

Die Ankunft der Siedler ........................... 51

Die Boviers und die Paulis ......................... 54

Namensanalysen .............................. 56

Das deutsche Brestowatz entsteht ..................... 58

Das Dorfleben ............................... 60

Trachten ................................... 62

Ansiedlungsfeier .............................. 65

Karten erzählen Geschichte ........................ 67

 

Dem Ende entgegen ................................ 71

 

Spielball der Nationen ............................ 71

Rituale .................................... 72

Zerfall der Donaumonarchie ........................ 78

Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen .............. 84

Unter den Serben ............................... 87

 

Die Letzten ................................... 91

 

Die Ehe Elisabeth Paulis und Franz Wernys ............... 91

Maria Werny ................................ 94

Helens Geschichte ............................. 96

Franz Bovier ................................ 98

1932 : Das Jahr der Feste .......................... 100

Die geraubte Braut ............................. 105

Maria Eschbach ............................... 107

Die junge Familie .............................. 110

 

Wes Sprach’ ich sprech, des Geist ich bin .................... 113

 

Königreich Jugoslawien .......................... 113

Der Start der Brestowatzer Schule ..................... 115

Die Sprache ................................. 117

Schule – Spielball der Nationen ...................... 119

Der Kulturbund ............................... 125

 

Die finsteren Jahre ............................... 129

 

Die Erneuerer ................................ 129

Blitzkrieg 1941 : Mit den Feinden gegen die Freunde .......... 131

Die große Enttäuschung .......................... 135

Das Deutschtum blüht ........................... 141

Das geschrumpfte Dorf ........................... 154

Das Aus ................................... 157

Schönes im Leben ............................. 165

 

Neubeginn .................................... 171

 

Trümmer .................................. 171

Vom Klempnermeister zum Eisenbahnarbeiter ............. 175

Die Nachzüglerin .............................. 177

Wege, die sich kreuzten .......................... 178

Nah beieinander und doch weit entfernt ................. 178

Leben wie derhom ............................. 180

Briefe liefern Lebenszeichen ........................ 182

Heimkehrer ................................. 184

Der Weg in die Integration ......................... 185

 

Epilog ...................................... 187

 

Verwandte in Amerika ........................... 187

Besuche in Bački Brestovac ........................ 190

Chronik ..................................... 195

 

zur Autorin:

 

Rosemarie Bovier wurde 1947 in Obersuhl (Nordhessen) als Kind deutschstämmiger Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien geboren. In einem Barackenlager mit überwiegend donauschwäbischen Flüchtlingen wuchs sie als Kind zweier Welten im Spannungsfeld zwischen der erzählten Heimat der Lagerbewohner und ihrer konkreten Erfahrungswelt auf.Nach dem Studium der Germanistik und Geografie in Frankfurt am Main Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Gymnasien. Daneben war sie Fachberaterin für Deutsch bei der Bezirksregierung in Braunschweig. Ihre Kindheitserinnerungen sind 2014 unter dem Titel „Heimat ist das, wovon die anderen reden“ erschienen.“ (Verlagsinformation)

 

Leseprobe: https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/media/pdf/2a/0f/e7/LP_978-3-205-21557-8.pdf




Einordnung für die Bildungsarbeit

Migration, Flucht, Möglichkeiten von Chancen einer neuen Integration sind in vielen Fachzusammenhängen Thema im Rahmen der Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung.

Zugang für den Unterricht ist besonders eine Spurensuche im Geschichts- und Politikunterricht. Ich selbst habe damit sehr gute Erfahungen gemacht. Hier verbindet sich die Geschichte der eigenen Familie mit wichtigen Entwicklungen der Zeitgeschichte.

Dieses Buch bietet konkrete Informationen und verbindet den Blick in die Geschichte einer donauschwäbischen Gemeinde mit dem Blick in die Gegenwart, für die sie feststellen kann: „Die Integration der Brestowatzer ist vollzogen. ... Hinweise auf das einstige Lager und seine verschiedenartigen Bewohner findet der Besucher keine“ (S.186).

Übrigens steht die Geschichte der Bewohner dieses Dorfes durchaus exemplarisch für das Schicksal vieler „Heimatvertriebener“ nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland.

 




Martin Geisz, August 2022