Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen


Buchhinweis


Stichworte: Faschismus in Deutschland, Albert Speer, Vergangenheitsbewältigung,







Bibliographische Angaben:


Wolfgang Schroeter: Albert Speer: Aufstieg und Fall eines Mythos. Verlag F. Schöningh.Paderborn 2019. 413 Seiten. ISBN: 978-3-506-78913-6






Zum Buch:











Albert Speer, überzeugter Gefolgsmann Hitlers alt im Nachkriegsdeutschland lange als der „gute Nazi“: Lange war man – besonders nach der Lektüre seiner „Erinnerung“ und „Spandauer Tagebücher“ - weithin überzeugt, dass es möglich war, dass Hitlers Stararchitekt und Rüstungsminister etwas vom Holocaust gewusst hatte, geschweige denn daran beteiligt gewesen war. Eine Überlegung, mit der sich viele Parteigänger des Nationalsozialismus in der Nachkriegszeit zu entlasten versuchten und von Schuld freisprachen. So heroisierte

die Kriegs- und Flakhelfergeneration Speer. Die „68er“ wandten sich sehr deutlich gegen dieses Bild. Die Entwicklung des verfälschten Bildes ging weiter. Speer war weiter Gegenstand von Biographien und „Dokumentationen. i

Der Autor macht den von Speer „mitgeschaffenen“ Mythos zum Thema:Er formuliert: „Deshalb möchte ich in diesem Buch untersuchen, wie und mit welchen Helfern Speer sein Selbstbild manipulierte und in einen wirkmächtigen Mythos verwandelte. Es geht darum, zu erkennen, welche Struktur dieser Mythos besitzt und wie er entzaubert wurde. Der heute inflationär benutzte Begrifff Mythos umfasst mehrere Aspekte: In ihm wird die Vergangenheit durch eine emotionale Weitergabe mittels Erzählungen in der Gegenwart als Orientierungskraft für die Zukunft etabliert. Durch die Überlieferung von einer Generation zur nächsten erfolgt so eine emotionalisierte Aneignung der Vergangenheit, aber auch deren Veränderung bis hin zur Fälschung“ (S. 4).


Das Inhaltsverzeichnis spiegelt den Gedankengang des Buches:




Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Konturen eines Mythos aus der Perspektive der

Generationen ....................................................................................................... 1

1 Speers Mythologisierung seiner „Leistungen“ im „Dritten Reich“ .... 15

Herkunft und Epoche ......................................................................................... 15

Faust und sein Mephisto – zwei Generationen des Nationalsozialismus ................. 20

Ein „apolitischer Künstler“ als Architekt der Gigantomanie ................... 31

Der Technokrat des „Rüstungswunders“ und Modernisierer Deutschlands ............. 42

Die Erinnerungen: Denkmal der „Leistungen“ ohne Verbrechen ........... 52



2 Der Mythos des „guten“ Nazis ........................................................................ 83

Ausblendungen: Holocaust, Hungerplan und Zwangsarbeit .................. 83

Speers Krise und „Widerstand“ 1944/45 ......................................................... 89

Nürnberger Prozess: Verantwortung ohne eigene Schuld und Wissen? ........ 100

Reue zeigen und überleben: Die Spandauer Tagebücher ......................... 106

Das Spätwerk Der Sklavenstaat: Schuldabwälzung auf Himmlers SS ............ 116



3 Entlastung: Speer als Mythos der Täter- und Flakhelfergeneration ........ 139

Eine „skeptische Generation“ im Zeichen des

Wirtschaftswunders“ ......................................................................................... 139

Hintergründe: Die juristische und politische Aufarbeitung der NSVerbrechen 1945–1957 ......................................................................................... 146

Wie man sich selbst entlastet: NS und „saubere Wehrmacht“ in

der populären Kultur der Nachkriegszeit ..................................................... 150

Die frühe Heroisierung Speers 1944–1966 ..................................................... 158

Die Glorifijizierung Speers als „Zeitzeuge“ ...................................................... 167

Die moralische Legitimation Speers durch Emigranten.......................... 174

Kleine Anfänge der Kritik ................................................................................ 182

Psychologisierung und Moralisierung: Serenys Speer-Biographie ........ 189

Arbeit am Mythos: Fests konservative Verteidigung des Bürgertums ............. 198



4 Späte Entzauberung: Speer und die „68er“ ............................................... 229

68er“ und „Post68er“ ........................................................................................ 229

Prozesse und Proteste gegen die alten NS-Eliten ....................................... 234

Von Hannah Arendt zu Mitscherlich und Wildt: Deutungen und

Typologien der Täter .......................................................................................... 235

Mediale Wende zu den Opfern: Die TV-Serie „Holocaust“ ...................... 244

Vom Echoraum zur ersten Entmythologisierung ...................................... 247

Die achtziger Jahre: Weitere Kritik durch neue Quellenfunde .............. 260

Autoren der Entmythologisierung 1997–2015 ............................................. 266

Von der radikalen Dekonstruktion zur Skandalisierung des Mythos: 2004–2017 ........... 275

Anmerkungen ...................................................................................................... 284

5 Zwischen Erinnerungskultur und Medialisierung: Speer und die Enkelgenerationen ....... 301

Die „Generation Golf“ und die Wiedervereinigung .................................. 301

Letzte NS-Prozesse und die Etablierung der Erinnerungskultur .......... 303

Kontroverse Deutungen der NS-Zeit ............................................................. 305

Die Medialisierung des NS und Speers popkulturelles Fortleben

in Film und TV ..................................................................................................... 312

Weitere Verschärfung der Kritik durch Historiker, Gedenkstätten

und Ausstellungen .............................................................................................. 324

Generation 89“: Die postmoderne Ironisierung und Virtualisierung der NS-Zeit ........... 330

Anmerkungen ...................................................................................................... 337

Epilog: Was von Albert Speer blieb .............................................................. 349



Zum Autor:

Wolfgang Schroeter arbeitet als Historiker und Pädagoge in der historisch-politischen Bildungsarbeit. Mit Albert Speer befasst er sich seit langem und wurde aufgrund einer Studie zu dessen Rezeption an der Freien Universität Berlin promoviert.1



Einordnung für die Bildungsarbeit


Globales Lernen bemüht sich in vielen Zusammenhängen (auch) um die Aufarbeitung der Grundlagen unserer heutigen Bundesrepublik. Albert Speer ist in vielen Zusammenhängen Thema (u.a. NS – Staat, NS – Architektur, Aufarbeitung des NS -Vergangenheit durch die Alliierten, Auseinandersetzung mit der NS – Vergangenheit in der BRD …). Dieses Buch macht den „Mythos um Albert Speer“ zum Thema und nimmt ihn kritisch in der Absicht zur Aufklärung in den Blick. Es bietet umfassende Informationen und entwickelt Fragestellungen, denen sich die Unterrichtswerke, die in der Sek. II verwendet werden, nur wenig stellen.


Ich empfehle das Buch zur Anschaffung für die Schulbibliothek (für Schulen mit Sekundarstufe II).








Martin Geisz, Januar 2019



1Vgl. „Impressumseite“ des Buches