Der
Papst ist zunächst der Bischof von Rom. Als dieser ist er
„Stellvertreter Christi au Erden“. Schon früh
kam zu diesen Funktionen hinzu: „Als Mittler zwischen
Gott und Mensch … übt der Papst eine Aufsichts- und
Korrekturfunktion über die Mächtigen der Christenheit
aus“ (S.14). Hierzu gehörte schon früh
„Unabhängigkeit von weltlichen Herrschern durch
Verfügungsgewalt über ein eigenes Territorium“
(S. 13 – die Herrschaft über ein „politisches
Gebilde“, das 1870 zum Kirchenstaat wurde. Der Historiker
Volker Reinhardt hat bei der Darstellung der Geschichte der
Päpste alle diese Aspekte im Auge. Er zeigt, dass die oft
angenommene „Unveränderlichkeit des Papsttums“
- einer Institution, die es jetzt schon über 2000 Jahre
gibt, eine Fiktion ist. Als Historiker ordnet er Papsttum und
seine konkreten Vertreter in die unterschiedlichen Zeiten ein.
Die Durchsetzung des Primats des römischen Bischofs vor
den anderen Bischöfen, die Rolle von Kaisern (und
Königen), die im Mittelalter durchweg in Konflikt mit dem
Papsttum lagen, „der Kirchenstaat“ hat nie
selbstverständliche unbestrittene Macht und Vollmachten.
Auch die Zeiten Renaissance und Barock , die heute besonders
durch Architektur- und Kunstwerke den päpstlichen
Herrschaftsanspruch zu repräsentieren scheinen, sind
Zeiten, in denen das Papsttum um Macht, Einfluss innerhalb der
Glaubensangelegenheiten vor allem auch im Anspruch des
hierarchisch abgesicherten innerkirchlichen Stellung als Jesu
Stellvertreter auf der Erde gegen vielfache Kritik und
Bedrohung kämpfen musste. Für das 19. und 20.
Jahrhundert ist der Kampf gegen Moderne und moderne
Entwicklungen in Gesellschaft, Wissenschaft und Politik
besonders bedeutsam: Antimodernisteneid und das Dogma von der
Unfehlbarkeit des Papstes - formuliert vom I. Vatikanischen
Konzil – sind nur 2 Stichworte. Weitere Orientierung
bietet die Inhaltsübersicht weiter unten.
Er
beschreibt die Orientierungspunkte seiner umfangreichen Arbeit
in der Einleitung zum Buch: „Die vorliegende Geschichte
will ein ganzheitliches Profil der Pätpst und ihrer
Pontifikate bieten. Dazu gehört eine Bestandsaufnahme
ihrer Tätigkeiten in den Hauptfeldern der
Kirchenherrschaft, der moralisch-politischen Aufsicht über
die christlichen Herrscher, der Machtausübung in Rom und
dem übrigen Kirchenstaat, des Nepotismus sowie der
Mediennutzung und Propaganda im weitesten Sinne. Lokale,
regionale, italienische, europäische und
globaleGesichtspunkte sollen so in einer möglichst
anschaulichen und behutsam erklärenden Erzählung
miteinander verschmelzen ...“ (S.21) -
Inhaltsübersicht
Einleitung
1.
Legenden, Uranfänge und erste Machtkämpfe: Von Petrus
bis Eusebius (309/310)
Das
Petrus-Problem
Schattenbeschwörung:
Von Linus zu Eleutherus
Streit
um Ostern und das Problem des Kaiserkults: Victor I.,
Zephyrinus, Calixtus I.
Das
Problem der «Gefallenen»: Urban I., Pontian,
Anterus, Fabian, Cornelius, Lucius I.
Taufstreit
und Autoritätskonfl ikte: Stephan I., Sixtus II.,
Dionysius
Meeresstille
und unruhige Fahrt: Felix I., Eutychianus, Caius, Marcellinus,
Marcellus I., Eusebius
2.
Die «Konstantinische Wende» und der Weg zum
doppelten Primat: Von Miltiades bis Johannes II. (311–535)
Toleranzedikt
und Konzil: Miltiades, Silvester I.
Streit
um ein Jota: Marcus, Julius I., Liberius
Der
erste Papst: Damasus I.
Reichsverfall
und Primatansprüche: Siricius, Anastasius I., Innozenz I.
Günstlingswirtschaft
, Gnadenstreit, Grabenkämpfe: Zosimus, Bonifaz I.,
Cölestin I., Sixtus III.
«Konsul
Gottes»: Leo I.
Zwischen
Arianern und Monophysiten: Hilarius, Simplicius, Felix III.
Zwei
Schwerter, ein Papst: Gelasius I.
Zwischen
Goten und Kaisern: Anastasius II., Symmachus, Hormisdas,
Johannes I.
Streit
um die Designation: Felix IV., Bonifaz II., Johannes II. .
3.
Am langen Arm von Byzanz: Von Agapet I. bis Constantin
(535–715)
Marionette
und Märtyrer: Agapet I., Silverius, Vigilius
Zwischen
Langobarden und Byzanz: Pelagius I., Johannes III., Benedikt
I., Pelagius II.
Schutzherr
der Ewigen Stadt: Gregor I.
Blicke
nach Westen: Sabinian, Bonifaz III., Bonifaz IV., Deusdedit,
Bonifaz V.
Der
Papst als Ketzer? Honorius I.
Gegen
den Monotheletismus: Severinus, Johannes IV., Th eodor I.,
Martin I., Eugen I., Vitalian
Ruhe
vor dem Sturm: Adeodatus, Donus, Agatho, Leo II., Benedikt II.,
Johannes V.
Eiszeit
und Beginn der Emanzipation: Konon, Sergius I., Johannes VI.,
Johannes VII., Sisinnius, Constantin . .
4.
Der Weg nach Westen: Von Gregor II. bis Nikolaus I. (715–867)
Bilderkämpfe:
Gregor II., Gregor III.
Die
fränkische Wende: Zacharias, Stephan II.
Adelsherrschaft
: Paul I., Stephan III.
Familienmacht
und Nepotismus: Hadrian I.
Kaisermacher
und Kirchenbauer: Leo III., Stephan IV., Paschalis I.
Symbolische
Selbstbehauptung: Eugen II., Valentin, Gregor IV., Sergius II.
Seeschlacht,
Borgomauern und Reliquien: Leo IV.
Legenden
und letzter Glanz: Benedikt III., Nikolaus I.
5.
Silberstreifen an blutigen Horizonten: Von Hadrian II. bis
Gregor VI. (867–1046)
Verbrechen
an Lebenden und Toten: Hadrian II., Johannes VIII., Marinus I.,
Hadrian III., Stephan V.
Papst
oder nicht Papst? Formosus, Bonifaz VI., Stephan VI., Romanus,
Theodor II., Johannes IX., Benedikt IV., Leo V.
Mord
und Geblütsheiligkeit: Sergius III., Anastasius III.,
Lando, Johannes X., Leo VI., Stephan VII., Johannes XI.
Alberichs
Päpste: Leo VII., Stephan VIII., Marinus II., Agapet II.,
Johannes XII.
Für
und gegen Otto I.: Leo VIII., Benedikt V., Johannes XIII.
Marionetten
der Crescenzier: Benedikt VI., Benedikt VII., Johannes XIV.,
Johannes XV.
Träume
von einem neuen Rom: Gregor V., Silvester II.
Crescenzier-Päpste,
neue Folge: Johannes XVII., Johannes XVIII., Sergius IV.,
Benedikt VIII., Johannes XIX. . 244 Drei sind zwei zu viel:
Benedikt IX., Silvester III., Gregor VI.
6.
Kirchenreform und Hegemoniekämpfe: Von Clemens II. bis
Cölestin III. (1046–1198)
Päpste
von Kaisers Gnaden: Clemens II., Damasus II., Leo IX.
Emanzipation
vom Reich: Victor II., Stephan IX., Nikolaus II., Alexander II.
Radikalreform:
Gregor VII.
Reformkurs
und Kreuzzug: Victor III., Urban II.
Kämpfe
mit dem Kaiser: Paschalis II.
Der
Weg zum «Wormser Konkordat»: Gelasius II., Calixtus
II.
Normannen
und Schismatiker: Honorius II., Innozenz II.
Kämpfe
um die Kommune: Cölestin II., Lucius II., Eugen III.,
Anastasius IV., Hadrian IV.
Kampf
gegen Barbarossa: Alexander III.
Ketzerbekämpfung
und staufi sche Umklammerung: Lucius III., Urban III., Gregor
VIII., Clemens III., Cölestin III.
7.
Der Kampf um die Vormacht: Von Innozenz III. bis Benedikt XI.
(1198–1304)
Herr
der Christenheit: Innozenz III.
Trügerische
Harmonie: Honorius III.
Gegen
den Antichrist: Gregor IX.
Erstes
«Konklave» und fi nale Kämpfe gegen die
Staufer: Cölestin IV., Innozenz IV., Alexander IV.
Für
die Monarchie der Anjou: Urban IV., Clemens IV., Gregor X.,
Innozenz V., Hadrian V., Johannes XXI.
Bärchen
an der Macht: Nikolaus III.
Zwischen
Rom und Neapel: Martin IV., Honorius IV., Nikolaus IV.
Der
Eremiten-Papst: Cölestin V.
Kleriker
gegen Laien: Bonifaz VIII., Benedikt XI.
8.
Umzug nach Avignon und Schisma: Von Clemens V. bis Gregor XII.
(1305–1415)
An
der Seite Philipps des Schönen: Clemens V.
Finanzgenie
mit Tiara: Johannes XXII.
Müllerssohn
und Minister: Benedikt XII., Clemens VI.
Reform-
und Rückkehrversuche: Innozenz VI., Urban V., Gregor XI.
Der
Weg ins Schisma: Urban VI.
Neapel
am Tiber: Bonifaz IX., Innozenz VII.
Ein
Papst mit zwei Rivalen: Gregor XII.
9.
Neuanfang, Renaissance-Kultur und Krise: Von Martin V. zu Paul
III. (1417–1534)
Rom,
süßes Rom: Martin V.
Triumph
des langen Atems: Eugen IV.
Ausgleich
im Westen, Katastrophe im Osten: Nikolaus V.
Türkenkrieg,
Nepotismus und Personenkult: Calixtus III. und Pius II.
Intermezzo
mit Rufmord: Paul II.
Der
entfesselte Franziskaner: Sixtus IV.
Atempause:
Innozenz VIII.
Die
Borgia an der Macht: Alexander VI.
Zurück
in die 60er-Jahre – vorwärts ins Goldene Zeitalter:
Pius III., Julius II.
Genussmensch
und Machtpolitiker: Leo X.
Schuldzuweisungen
und Selbstzerfl eischung: Hadrian VI.
Selbstzerstörung:
Clemens VII.
10.
Konzil, Reform und die Grenzen der Erneuerung: Von Paul III.
bis Clemens VIII. (1534–1605)
Januskopf:
Paul III.
Förderer
des Frohsinns: Julius III.
Reform,
milde und hart: Marcellus II. und Paul IV.
Rollentausch:
Pius IV.
Radikalreform:
Pius V.
Rekatholisierung
und neue Zeitrechnung: Gregor XIII.
Banditenkrieg
und Sternplan: Sixtus V.
Nachhall
der Reform: Urban VII., Gregor XIV., Innozenz IX., Clemens
VIII., Leo XI.
11.
Nepotenherrlichkeit und barocke Prachtentfaltung: Von Paul V.
bis Clemens X. (1605–1676)
Verflechtung
und Ängstlichkeit: Paul V.
Aktives
Intermezzo: Gregor XV.
Der
Kosmos der Barberini: Urban VIII.
Die
«Päpstin» und ihre Skandale: Innozenz X.
Den
Sonnenkönig im Nacken: Alexander VII.
12.
Wider den Geist der Zeit: Von Innozenz XI. Bis Pius VI.
(1676-1799)
13.
Selbstabschließung und Sackgasse: Von Pius VII. Bis Pius
X. (1800-1914)
14.
Schwankende Haltungen zur Gegenwart: Von Benedikt XV. Bis
Frankziskus I.(1914 bis heute)
Autor:
Volker Reinhardt, Professor für Geschichte der Neuzeit an
der Universität Fribourg, gehört weltweit zu den
besten Kennern der Papstgeschichte.
Leseprobe:
http://www.chbeck.de/Reinhardt-Pontifex/productview.aspx?product=17285248#extract
|