Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen

Buchhinweis


Stichworte: Demokratie, Widerstand im Faschismus, Jugendliche, Rehabilitation







Bibliographische Angaben:



Alexander Goeb: Die verlorene Ehre des Bartholomäus Schink Jugendwiderstand im NS-Staat und der Umgang mit den Verfolgten von 1945 bis heute. Die Kölner Edelweißpiraten. Brandes&Apsel Verlag. Frankfurt 2016. ISBN 9783955581626





Zum Buch:












Am 10. November 1944 wurden in Köln-Ehrenfeld dreizehn Menschen ohne Anklage und Urteil öffentlich erhängt. Unter ihnen sechs Jugendliche, oppositionelle „Edelweiß­piraten“. Sie gehörten gehörten zur »Ehrenfelder Gruppe« um den 23-jährigen geflüchteten KZ-Häftling Hans Steinbrück. Die Jugendlichen Bartholomäus Schink, Franz Rheinberger, Gustav Bermel, Günther Schwarz, Adolf Schütz und Johann Müller praktizierten Widerstand gegen das Regime: Sie verübten Sabotageakte, stahlen Lebensmittel und gingen mit Waffengewalt gegen NS-Funktionäre vor. Zwangsarbeitern und in den Trümmern Kölns versteckten Juden versuchten sie zu helfen.

Nach Ende des Faschismus in Deutschland galten sie für die meisten Menschen jahrzehntelang als Verbrecher und/oder asoziale Rowdys. In diesem Buch dokumentiert der Journalist und Schriftsteller Alexander Goeb Widerstand gegen das faschistische Regime, die Verfolgung durch die Nazis und vor allem den skandalösen Umgang mit ihnen in der Bundesrepublik – bis hin zur offiziellen Anerkennung als Widerstandskämpfer gegen faschistische Gewaltherrschaft erst 2005 durch den damaligen Kölner Regierungspräsidenten Jürgen Roters. A. Goeb zitiert die Erklärung im Wortlaut: „Die erneute Beschäftigung mit den Kriegs- und Nachkriegsakten und der Kontakt zu Zeitzeugen hat mich zu der Überzeugung kommen lassen, dass es sich bei den Ehrenfelder Edelweißpiraten um politische Widerstandskämpfer handelt. Mir liegt daran, die Betroffenen politisch zu rehabilitieren und sie als Widerstandskämpfer anzuerkennen“ (S.165). Damit endet auch ein sehr trübes Kapitel in der Beschäftigung mit den Kölner Edelweißpiraten in der Bundesrepublik. Der Klappentext des Buches fasst den Blick auf die Nachkriegsgeschichte so zusammen: „»Wir wollten frei von allen Zwängen sein« - Der jahrzehntelange Kampf um die Rehabilitierung der Kölner Widerstandskämpfer um Bartholomäus Schink ist gleichzeitig ein Stück Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Lange galt die Devise des ehemaligen Marine­richters und späteren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Hans Filbinger: »Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.« Alte Nazis gelangten nach 1945 in höchste Ämter in Justiz und Politik, die Anliegen der NS-Opfer wurden vom Tisch gewischt. Doch der beharrliche Einsatz für die Rehabilitierung der Kölner Edelweißpiraten führte schließlich zum Erfolg.

 





Einordnung für die Bildungsarbeit



Globales Lernen braucht die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, es braucht die Erfahrung mit dem Umgang unmenschlicher Enntwicklungen. Dieses Buch liefert ein Beispiel, das in Schulbüchern allerhöchstens eine untergeordnete Rolle spielt, es veranschaulicht darüber hinaus auch herrschende Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland, das lange Anhängern des Nationalsozialismus viel Entfaltung und politischen Einfluss eingeräumt hat.



Martin Geisz, März 2016