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Buchhinweis


Stichworte: Katholische Kirche, Kirchengeschichte, Reform der Kirche Gesellschaft









Bibliographische Angaben:

Wolf, Hubert : Krypta.Unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte. Verlag C.H. Beck. München 2015. 231 S. . ISBN 978-3-406-67547-8




Zum Buch:








Tief unten in den Kellern der Kirchengeschichte, verborgen selbst für die meisten Historiker, liegen jahrhundertealte Traditionen begraben, von denen die Kirche heute nichts mehr wissen will. Hubert Wolf steigt mit archäologischem Spürsinn hinab in diese Krypta. Er entdeckt dort Frauen mit bischöflicher Vollmacht, Laien, die Sünden vergeben, eine Kirche der Armen – und andere Traditionen, die heute wieder aktuell werden könnten. Die katholische Kirche setzt auf die lange und unabänderliche Tradition ihrer heute gültigen Einrichtungen und Regeln. Grundlegende Reformen gelten als Sakrileg. Höchste Zeit für einen frischen Blick auf die Geschichte: Päpste waren einmal in Gremien eingebunden, die sie kontrollierten, Frauen konnten Sünden vergeben, Laien hatten etwas zu sagen, Bischöfe wurden gewählt. Die katholische Kirche war lange ein breiter Strom mit vielen Nebenarmen – den der römische Zentralismus im 19. Jahrhundert kanalisierte. Dazu wurden Traditionen erfunden, an die bis heute selbst Historiker glauben. Hubert Wolf enthüllt an zehn Beispielen Vergessenes und Verdrängtes – und gewinnt daraus Reformideen für die Kirche von morgen.“



Wer während der letzten Pontifikate von einem Reformstau in der katholischen Kirche oder gar von dringend notwendigen Reformen in Rom sprach, dem wurden nicht selten Unkirchlichkeit und mangelnde Anhänglichkeit an den Heiligen Vater vorgeworfen. Der Sprachgebrauch erinnerte in manchen Formulierungen an die heftigen Auseinandersetzungen um den sogenannten Reformkatholizismus zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Damals wurden alle «Reformer» in der katholischen Kirche von Pius X. in der Enzyklika «Pascendi» 1910 als häretische «Modernisten» gebrandmarkt. Diese Abwehrhaltung hat, mal mehr und mal weniger ausgeprägt, die meisten Päpste der Moderne gekennzeichnet. Dabei gehört die Reform nach der klassischen Ekklesiologie, der Lehre von der Kirche, zu deren Wesensmerkmalen.“1 - Dies ist der Ausgangspunkt, von dem aus der kath. Kirchen- geschichtler Hubert Wolf einen für Theologen eher ungewöhnlichen Blick auf die Geschichte der christlichen Kirche öffnet. Er macht unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte zum Thema, sein Interesse ist, die Ergebnisse dieses Blickes für die Diskussion um die Reform der Kirche nutzbar zu machen und mögliche Wege für Reformen zu zeigen. In zehn Kapiteln geht er an die Thematik heran. Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis verdeutlicht seine Akzentsetzungen.



Inhaltsverzeichnis

Zur Einleitung

«Wir alle sind abgewichen»

Päpstliche Schuldbekenntnisse einst und jetzt

9

Reform als Wesens

-

merkmal der Kirche

15

In der Krypta der Kirchengeschichte

21


1. Der Bischof


Von allen gewählt

«Der Papst ernennt die Bischöfe f rei»

29

Wie wird man Bischof ?

Ein Durchgang durch die Geschichte

34

Was ist ein guter Bischof ?

«Nur einmal verheiratet»

42


2. Bischöfinnen


Frauen mit Vollmacht

Mächtige Äbtissinnen

45

Äbtissinnenweihe und Bischofsweihe

49

Bischöfe und Kardinäle ohne Weihe

54

Kardinalinnen: Seit dem

Zweiten Vatikanum undenkbar?

57


3. Das Domkapitel


Der Bischof als absoluter Monarch

61

Ausgerechnet Limburg:

Ein kollegiales Gegenmodell

66

Unterdrückung der kollegialen

Leitung

72


4. Der Papst


Kollege und nicht gegen Fehler gefeit

«Die höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt»

75

Das Konstanzer Konzil: Oberhoheit des Konzils über den Papst

79

Das Erste Vatikanum: Unfehlbarkeit und Primat des Papstes

88

Die Ausblendung der konziliaren Option

91



5. Die Kardinäle

Gegengewicht zur päpstlichen Macht

Die Williamson-Affäre: Ein Papst der einsamen Entscheidungen

93

Kleine Geschichte der Kardinäle

96

Ein vatikanischer Sicherheitsrat

102

Die Entmachtung der Kardinäle im zwanzigsten Jahrhundert

105

Optionen gegen den autokratischen Führungsstil

112


6. Mönche und Nonnen


Höchste Autorität durch radikale Nachfolge

Der heilige Martin: Vollmacht ohne Weihe

115

«Göttliche Kraft» durch

Askese

117

Die Erfindung der Privatbeichte in Irland

120

Amt statt

Nachfolge?

126


7. Die Gemeinden


Primat der kleineren Einheit

Subsidiarität: Ein Konzept der katholischen Soziallehre

129

Die Kirche: Zentralistisch oder doch lieber subsidiär?

133

Das Zweite

Vatikanum und die Rolle der Laien

138

Weltkirche gegen Ortskirche?

Theologische Debatten

140

«Der Hirt muss den Geruch seiner Herde

annehmen»

142


8. Die Laien


Keine unmündigen Schafe

Gleichheit in der Theorie, Unterordnung in der Praxis

145

Eigenkirchen: Die Herrschaft der Laien

146

Vereine: Mündige Laien

und der Geist der Revolution

151

Die Stunde der Laien

156


9. Das Konzil von Trient


Pluraler Katholizismus

Das erfundene Konzil

159

Mythos I: Das Tridentinische Seminar

163

Mythos II: Das tridentinische Bischofsideal

166

Trientische Weite oder

tridentinische Enge?

170

Mythos III: Die tridentinische Messe

172

In der Tradition von Trient: Das Zweite Vatikanum

175



10. Franz von Assisi

Option einer Kirche der Armen

Ein Papst mit Namen Franziskus

177

Von der Kirche der Armen

zur reichen Papstkirche

179

Der Ketzer und der Heilige: Brüder im

Geiste

183

Eine charismatische Gemeinschaft wird verkirchlicht

189

Sprengkraft einer Utopie

193


Zum Schluss


«Die Wahrheit, die aus der Geschichte kommt»

Gefährliche Erinnerung

199

Das Dogma besiegt die Geschichte

202

Historische Verantwortung

204

Anmerkungen, Zum Weiterlesen

209



Zum Autor: Hubert Wolf

Zum Autor:

Hubert Wolf ist Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster. Er wurde u. a. mit dem Leibnizpreis der DFG, dem Communicator-Preis und dem Gutenberg-Preis ausgezeichnet und war Fellow am Historischen Kolleg in München. Bei C.H.Beck ist von ihm zuletzt der Bestseller Die Nonnen von Sant’Ambrogio (42013) erschienen.



Leseprobe: http://www.chbeck.de/fachbuch/leseprobe/Leseprobe_Krypta.pdf (3.2.2015)




Einordnung für die Bildungsarbeit

Globales Lernen braucht den kritisch-skeptischen Blick auf Globale Entwicklungen und ihre Hintergründe. Die Katholisch Kirche ist wichtiger Akteure in der globalisierten Welt, nicht zuletzt deshalb weil die katholische Kirche ganz auf die an der Spitze ihrer hierarchischen Strukturen stehenden Päpste ausgerichtet ist. Allgemeine Überzeugung ist aber auch, dass die Katholische Kirche in einer Phase ist, die unbedingt Reformen erfordert.

Dieses Buch – von einem katholischen Professor für Kirchengeschichte geschrieben – setzt gerade im Blick auf hierarchische Strukturen Akzente, die der Beginn einer neuen Entwicklung sein könnten. Für Studierende, Lehrkräfte und fortgeschrittene SchülerInnen der Sekundarstufe II bietet das Buch eine große Materialfülle, klare Positionen und weiterführende Ansätze für die Auseinandersetzung. Gespannt bin ich auf die Antwort von Theologen und Amtsträgern auf die Positionen des Autors.







Martin Geisz, Januar 2015


1S. 15f