Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen


Buchhinweis


Stichworte: Zukunft, Gesellschaft, Digitalisierung, Anthropologie, Transhumanismus






Bibliographische Angaben:


Jansen, Markus: Digitale Herrschaft. Über das Zeitalter der globalen Kontrolle und wie Transhumanismus und Synthetische Biologie das Leben neu definieren. Schmetterling Verlag. Stuttgart 2015. ISBN 3-89657-076-5




Zum Buch:










NSA- Skandal, der Zugriff von Unternehmen wie Google, Apple und Amazon auf die Daten der Nutzer, Auseinandersetzungen um soziale Netzwerke (wie z.B. um Facebook im Zusammenhängen mit rassistischen Äußerungen), sind durchaus in den (auch öffentlich) geführten Diskussionen und Diskursen präsent. Datenschutz, Meinungsfreiheit und ökonomische Gesichtspunkte werden auch in der Schule spontan zum Stichwort „Digitalisierung und Internet“ benannt. 1

Dieses Buch hat die oben angedeuteten gesellschaftlichen Bedrohungen von Seiten der umfassende Digitalisierung im Blick. Die Bedeutung und Macht von Suchmaschinen und Datenbanken, die Funktion von sozialen Netzwerken und neuartigen Formen der Kontrolle und Überwachung im vernetzten Alltag 2.0 finden breiten Raum. Hier bleibt aber die Darstellung nicht stehen, sondern geht weit über die benannten diskutierte Fragen hinaus und thematisiert grundlegende Aspekte.Die tiefenwirksame Digitalisierung des Lebens in Biologie und Medizin spielt eine wesentliche Rolle. Pioniere der Synthetischen Biologie, die eine der führenden Wissenschaften des 21. Jahrhunderts sein wird, definieren „Leben“ im digitalen Code von Eins und Null – Organismen sollen nichts anderes sein als „Informationsmaschinen“. Die längerfristigen Pläne: eine grundlegende Manipulation der Natur im Rahmen technologischer und computergestützter Eingriffe in die Evolution. „Der Mensch erscheint im Anthropozän des 21. Jahrhunderts als digitales Wesen, als «kybernetischer Organismus», der Daten über sich und andere produziert und in der transparenten Öffentlichkeit des Internets inszeniert. Die digitalen Überwachungsarchitekturen, die offiziell «Sicherheit»herstellen sollen, haben die Grundlagen demokratisch-freiheitlicher Gesellschaften ausgehöhlt bis in das Mark. Der «amerikanische Traum»von der unbegrenzten Freiheit, der zum globalen Phantasma auswucherte, hat jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Es hat sich eine unheimliche und zunehmend unbewohnbare Welt ausgeformt, ein obszön und monströs gewordener Alltag, in dem ganz persönliche Meinungen über den Zustand der Welt meist nur geflüstert oder gewispert werden, in den kurzen, seltenen Momenten, wenn die Wirklichkeit nicht abgewehrt wird und man sich unbeobachtet glaubt. Der Anfangsgrund der Philosophie kann heute nicht mehr im Erstaunen über die Welt liegen, wie dies noch für die Alten galt. “2

Wichtig ist das Stichwort Transhumanismus: Anvisiertes Endziel des Transhumanismus ist die Abschaffung des Homo sapiens durch Technologie, sei es in Gestalt von Robotern oder einer digital-unsterblichen Spezies, die mit der Computer-Technik verschmolzen ist. Das Kapitel „Transhumanismus oder Die Abschaffung des Menschen“ setzt hier besonders mit Blick auf „Ray Kurzweil und die digitale Computer-Mensch-Spezies“ wichtige Akzente. Es geht nicht mehr um Begleitfragen wie Meinungsfreiheit, informatorische Selbstbestimmung, Persönlichkeitsrechte oder Datenschutz, sondern um ein neues Bild vom Menschen, in dem der Mensch neu geschaffen wird und: Globaler Vorreiter dieser politischen Entwicklung ist Google.

So steht in der Konsequenz des Autors: Es geht um eine grundlegende Korrektur des Verhältnisses zur Technik und zur Natur aus, die in neuen Gemeinschaften, autarken Inseln der Vielfalt und Freiheit, einen Ausdruck finden könnte.


Inhaltsverzeichnis:



Perfekte Ordnungen . 7

I. Alles auf Knopfdruck. Suchmaschinen und Datenbanken. . . . 9

1. Götter und Orakel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2. Die Selektion der Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3. Das Produkt User . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4. Geschichten und Wirklichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

5. Digitale Souveränität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

6. In den Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

7. Biobanken und Kohorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

II. Tausend Freunde? Einige Betrachtungen

zur Welt der sozialen Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1. Demokratie und Freiheit im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2. Netzwerk Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3. Das vermessene Selbst. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4. Bildschirmkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

III. Panoramen der Überwachung. 71

1. Staaten, Unternehmen und Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

2. DARPA oder Kriegstechnologie und die Anfänge des Internets . . . 76

3. Rechenmaschinen und binäre Codes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

4. Der menschliche Körper als Passwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

5. Digitalisierung total . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

6. Indien, Amerika und das Antlitz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

7. Die Festung Europa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

8. Kommunikation und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115

9. Die Militarisierung der Gesellschaft I . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

IV. Gene und Genome im Internet-Zeitalter . . . . . . . . . . . . . 123

1. Digitale Medizin und der Lifestyle der Gene. . . . . . . . . . . . . 123

2. Genetik à la Facebook: 23andMe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3. Das Genom als offene Informationsquelle:

Personal Genome Project. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

4. Neo-Eugenik und die totale genetische Transparenz . . . . . . . 139

6

V. Digitales Leben: Das Programm der

Synthetischen Biologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

1. Craig Venter und die Software des Lebens . . . . . . . . . . . . . .151

2. Neuzeitliche Wissenschaft, Herrschaft über die Natur

und die Mechanisierung der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .165

3. Geklonte Neandertaler und DNA-Maschinen: George Church . . .183

4. DNA als digitales Speichermedium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

5. Kopien, Kontrolle, Klone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

VI. Transhumanismus oder Die Abschaffung des Menschen. 219

1. Ray Kurzweil und die digitale Computer-Mensch-Spezies. . . . . 219

2. Künstliche Intelligenz und Hirnimplantate:

In der Welt von Google . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

3. Roboterzivilisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

4. Die ersten Menschmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

5. Cyborgs und Androiden 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

6. Die Militarisierung der Gesellschaft II. . . . . . . . . . . . . . . . . 252

7. Die Grenzen der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

8. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . .286

Ein anderes Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

Literaturverzeichnis . 313

Personenregister. 324





Einordnung für die Bildungsarbeit



Die Schule blickt durchaus auf das „Digitalen Zeitalter“, ist dabei bemüht, fasziniert und irritiert zugleich. Sie sieht sich Forderungen gegenüber, die Lernenden für die Zukunft „fit zu machen“, entwickelt große Programm für Informatikunterricht, Schulung von Lehrkräften und Lernenden im Blick auf Neue Medien und Technologien – durchaus auch bisweilen im Blick auf Datenschutz, Verbraucherschutz und die ökonomischen Interessen, die von Anbietern und Providern verfolgt werden. Kaum im Blick aber ist, dass die „ Grundlagen“ des „Digitalen Zeitalters“ für die Pädagogik tätig werden soll, schon lange andere sind oder zu werden drohen. Dieses Buch thematisiert dies (zusätzlich zu Fragen von Datenschutz, Verbraucherschutz, Ökonomie – – - ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis illustriert das) „Transhumanismus“ als neue Entwicklung, zeigt Implikationen und drohende Folgen auf und formuliert Fragen, denen sich Schule und Schulfächer (und Bildungspolitik in den geltenden Bildungsplänen) überhaupt noch nicht gestellt haben. Studierenden, Lehrkräften und SchülerInnen der Sekundarstufe II gibt das Buch viele Impulse und Material für eine noch nicht richtig begonnene neue Auseinandersetzung.




Martin Geisz, September 2015


1Das vorliegende Buch, Anfang 2013 begonnen und ganz bewusst an eine europäische Tradition anknüpfend, wirft nur äußerst selten den Blick auf mediengerechte Überwachungsskandale. Die momentanen 8 Entwicklungen im Bereich des «Digitalen» können nicht auf praktischpragmatische Fragen zum Schutz von Daten und sogenannten Verbrauchern, auf Aspekte eines «richtigen» Umgangs mit den neuen Technologien 2.0 reduziert werden. S. 8

2S. 8 f.